Marokko-Erfahren erneut auf Entdeckungsreise in Marokko
#35
Unterwegs am Rand des Anti Atlas

Wir sind unterwegs von Taroudant Richtung Assads, haben uns vorgenommen, zu einer Speicherruine, die malerisch auf einem Berggipfel liegt, vorzudringen. Eine spannende, aber sicher auch anstrengende Wanderung liegt vor uns. Wege dorthin sind nicht erkennbar, wir müssen wohl in felsigem Gelände aufwärts klettern.

Noch auf der Fahrt fallen uns an mehreren Stellen die Rauchschwaden auf, die hochsteigen. Müllverbrennung ist unsere erste Vermutung. Zwei Gründe sprechen beim Näherkommen dagegen: der Qualm ist weiß und stinkt nicht! Neugierig halten wir an einem umzäunten Gelände an und stellen erfreut fest, dass wir einen Platz gefunden haben, an dem Holzkohle auf traditionelle Art hergestellt wird.

   

Der erste Eindruck: Holzhaufen, qualmende Hügel, Berge von getrockneten Bananenstauden, Erdhaufen. Wir versuchen, uns zu orientieren, ein System zu erkennen. Schneller jedoch haben uns zwei Männer entdeckt, die einen Holzhaufen aufschichten. Aus zahnlosen Mündern lächeln sie uns zu, winken uns heran. Leider ist keine Verständigung möglich, sie verstehen kein Wort Französisch, mit Gesten versuchen sie jedoch, ihre Arbeit zu erklären.
Dicke Holzstücke, teilweise Baumstrünke werden kreisförmig gelegt, mehr und mehr Holz wird aufgeschichtet, das Holz wird nach außen und oben hin immer dünner. Hat der Hügel einen Durchmesser von ca. 3-4 m und eine Höhe von 2-2,5 m erreicht, wird er mit den trockenen Blättern der Bananenstauden abgedeckt und mit Erde abgedichtet, Löcher für die Luftzufuhr und den Rauchabzug werden eingearbeitet.
Besonders hohe Hügel bekommen sogar eine kleine Treppe, vermutlich um den Schwelbrand kontrollieren zu können. Leider konnten wir nicht in Erfahrung bringen, wie das Innere des Hügels angezündet wird. Auch die verwendeten Holzsorten konnte uns aus sprachlichen Gründen niemand erklären.

Das Angebot zum Teetrinken lehnen wir höflich, möchten uns nicht zu sehr "räuchern" lassen, verteilen Zigaretten und ein kleines Bakschisch. Wir fahren weiter in die Berge, finden eine neue Piste, die aber nur ein Stück asphaltiert ist, man arbeitet noch daran. Etwas schockiert entdecken wir ein am Hang abgestürztes Baufahrzeug, hoffen dass der Fahrer noch rechtzeitig rausspringen konnte...

Wir parken das Auto und begeben uns auf den mühevollen Aufstieg zum Agadir Assads. Es liegt in Sichtweite, allerdings hoch über uns, 420 Höhenmeter sind auf einer Strecke von ca. 1,5 km zu bewältigen. Oben angekommen sind alle Mühen vergessen, ein faszinierender Ausblick über die Souss-Ebene und die dahinter liegende Kette des Atlas Gebirges entschädigt uns. Auch der Speicher - obwohl vieles eingestürzt ist - lässt die harte Arbeit der Erbauer nur erahnen. Angepasst an den Felsen entdecken wir Tunneldurchgänge zu Kammern auf zwei bis drei Etagen, einen Innenhof, es muss ein großer Speicher gewesen sein. An der Ostseite ist die Wand noch komplett, 5 Etagen hoch, ein Solitärbau ist dort angefügt. War das eine Erweiterung des großen Gebäudes? Auf diese Frage kann uns niemand mehr Auskunft geben. In unseren Unterlagen finden wir Angaben zur Konstruktion des Speichers aus dem XV. oder XVI. Jahrhundert.

Für den Abstieg entdecken wir einen etwas bequemeren, aber reichlich 3 km langen Pfad ins Tal. Schließlich mussten die Benutzer des Agadirs dort auch mit ihren Maultieren auf- und absteigen können.
Barbara & Andreas
marokko-erfahren.de
marokko-erfahren ist eine unabhängige europaweite Privatinitiative zur Förderung von Beschäftigung und Kulturerhalt.
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RE: Marokko-Erfahren erneut auf Entdeckungsreise in Marokko - von marokko erfahren - 04.10.2022, 22:02

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