Marokko-Erfahren erneut auf Entdeckungsreise in Marokko
#68
Aufenthalt in Akka

Bereits auf unserer Fahrt nach Mhamid El Gizlane legen wir einen kurzen Zwischenstopp in Icht ein, um uns das nächste Quartier zu sichern. Da uns das Borj Biramane zu preisintensiv ist, hatten wir bereits einige Jahre zuvor in der nahe gelegenen Auberge Amerdoul übernachtet. Wir fahren sie an, klopfen und erklären unser Anliegen. Noureddine öffnet, zeigt uns das Haus noch einmal. Und obwohl die Unterkunft seit zwei Jahren geschlossen ist, möchte er uns gern aufnehmen. Ausgerüstet mit seiner Telefonnummer, damit wir den genauen Anreisetag mitteilen können, fahren wir weiter.
Leider stellt sich, als es aktuell für uns wird, die genannte Nummer als falsch heraus, wir rufen noch die alte Nummer der Auberge an und erfahren dort zu unserem Bedauern, dass man keine Konzession mehr hat, uns nicht mehr beherbergen kann. Nun wird Akka zu unserem Ausweichquartier.
Vor 30 Jahren fragten wir damals in einem Café nach einer Unterkunft, wurden fast ausgelacht, bis sich ein Einheimischer unserer erbarmte und uns auf seinem Grundstück übernachten ließ.

   

Heute verfügt Akka über eine Unterkunft, wir melden uns telefonisch an - etwas kompliziert, da mein Gesprächspartner offensichtlich weniger französisch versteht, als ich. Trotzdem werden wir bereits bei unserer Ankunft am Auto herzlich empfangen. Eine einfache Herberge, sauber, wir bekommen in der 2. Etage ein Zimmer, Waschbecken auf dem Flur, Toilette und ein Wasserschlauch (=Dusche) in einem Raum daneben. Das Essen ist vorzüglich, der Besitzer ist gelernter Koch und serviert uns jeden Abend ein fantastisches Menü. Gern setzt er sich zu uns, isst mit uns und mit Zeichensprache haben wir dabei immer viel zu lachen. Nur mit seinem Esstempo können wir nicht mithalten, sind oft noch bei der Vorspeise, da lehnt er sich bereits mit einem zufriedenen "hamdullah" gesättigt zurück. Nach dem wunderbar zelebrierten Tee zum Abschluss ziehen wir uns vor der Nachtruhe auf die Dachterrasse zurück.

Der Blick von hier auf die Dorfstraße bietet immer wieder interessante Erlebnisse. Jeden Abend nach Einbruch der Dunkelheit bezieht ein Popcorn-Verkäufer mit seinem kleinen Wagen an einer Mauer seinen Platz. Schnell ist er umlagert von zahlreichen Männern, die dort mit einem Beutel Popcorn in der Hand den Abend verplaudern. Gelegentlich holt sich auch ein Kind seine Nascherei. Eine nette Alternative zu dem in Deutschland üblichen Kneipenbesuch!

In Akka ist vieles anders. So entdecken wir in Ait Rahal abends Markttreiben. Auf unsere Nachfrage erfahren wir, dass der Wochenmarkt in den Dörfern rund um die Oase rotiert. Aus Bequemlichkeitsgründen findet er in einem Ort vormittags, im nächsten Douar am späten Nachmittag statt. So werden alle Dörfer bedient und die Händler haben kurze Anfahrtswege.

Auch die zwei Messsysteme -eine Kombination von Sonnenuhr und Tanast- zur gerechten Verteilung der Wasserzufuhr der Gärten von Agadir Ouzrou verwundert uns. Aus Tadakoust kennen wir eine Sonnenuhr, in Tata ist eine Tanast im Einsatz und in Ait Kine wird mit einem Messstab gearbeitet. Noch nie zuvor haben wir zwei Methoden an einem Ort erlebt!

Den restaurierten Moscheeturm in Agadir Amghar kennen wir bereits aus vergangenen Besuchen, auch das Dorf Agadir Ouzrou haben wir bereits ausgiebig erkundet. Deshalb lassen wir diese Ziele jetzt aus, gehen lieber auf Gravurensuche. In dieser Gegend ist die Felskunst sehr weit verbreitet und es macht Spaß, in herrlicher Umgebung auf "Bilderschau" zu gehen. Was wir aber an einem Flussbett zwischen Ait Ouabelli und Tadakoust entdecken, raubt uns den Atem vor Begeisterung.

Sicher ist nahezu jeder Gravurenfund eine tolle Entdeckung, sofern sie nicht von Nachahmungskünstlern der Neuzeit überkritzelt wurden. Man findet Rinder, vermutlich oft aus den Herden der damaligen Hirten. Toll sind auch Tiere, die einstmals in dieser Region gelebt haben, heute aber dort lange ausgestorben sind: Giraffen, Elefanten, Nashörner, Vogelstrauße in verschiedener Zahl.

Heute aber entdecken wir eine richtige Bildergeschichte, die uns lange fesselt. Ein Jäger steht vor zwei herannahenden Löwen, die offensichtlich eine Herde Vogelstrauße im Visier haben. Unterhalb stehen zwei weitere Personen, die ihn vielleicht bei der Löwenjagd unterstützen sollen. Alain Rodrigue, der Kenner marokkanischer Felskunst bestätigt unseren Deutungsversuch, lässt aber offen, dass ebenso eine ganz andere Erklärung dahinter stehen kann. Das ist wahre Kunst, die jeder Betrachter nach seinem Gefühl auf sich wirken lassen kann.

Auf jeden Fall verdient es Akka, aus seinem Dornröschenschlaf geweckt zu werden. Liebhaber von Felsgravuren kommen in Akkas Umgebung ohne lange Anfahrtswege voll auf ihre Kosten und die Unterkunft "Amand" kann man guten Gewissens weiter empfehlen.
Barbara & Andreas
marokko-erfahren.de
marokko-erfahren ist eine unabhängige europaweite Privatinitiative zur Förderung von Beschäftigung und Kulturerhalt.
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RE: Marokko-Erfahren erneut auf Entdeckungsreise in Marokko - von marokko erfahren - 13.11.2022, 21:15

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