Marokko-Erfahren erneut auf Entdeckungsreise in Marokko
#33
Festival in Taroudant
Als wir von einem Ausflug zurückkommen, sehen wir auf dem östlichen vor der Stadtmauer gelegenen Platz mit dem Springbrunnen, dass dort eine Bühne aufgebaut wird.
Haben wir schon wieder Glück, zur rechten Zeit am richtigen Ort zu sein? Yves in unserer Unterkunft, der sonst immer über alles informiert ist, kann uns nichts darüber sagen. So beschließen wir, trotz müder Beine nach dem Abendessen selbst einmal nachzusehen. Bloß nicht zu früh da sein! Wir haben gelernt, dass Konzerte in Marokko eigentlich erst starten, wenn sie sich bei uns schon wieder dem Ende nähern.
   
Gegen 21 Uhr trudeln wir auf dem Platz ein, mobile Verpflegungsstände und Karren mit Popkorn werden fleißig konsultiert, hier und da hofft ein fliegender Händler auf gute Geschäfte. Rege Geschäftigkeit auf der Bühne, Hintergrundmusik dudelt. So entscheiden wir uns, noch ein wenig Festival-Verpflegung zu besorgen. In einem kleinen Geschäft erstehen wir zwei 0,5 l Flaschen Wasser und für jeden eine 50g Portion Nüsse für stolze 12 DH (ca. 1,20 €)!

So langsam scheint Bewegung auf der Bühne zu entstehen, zuerst wird sie dunkel, dann erscheint riesengroß das Bild des Königs begleitet von Musik der königlich marokkanischen Armee. Eine Dame eröffnet das Festival mit einer Rede.

Nun ist die Bühne frei für 20 Musiker, die mit Trommeln, Al Tariqa genannt, Aufstellung nehmen. Langsam starten sie mit dumpfen Schlägen. Das Tempo steigert sich, andere Rhythmen kommen hinzu. Man kann es sich etwa so vorstellen:
1.bam-bam-bam  bam-bam-bam
2.bam-bap-bap-bam  bam-bap-bap-bam
3.bam-ba-bap-bap-bam-ba  bam-ba-bap-bap-bam-ba.
Am besten lässt es sich nachvollziehen durch Klatschen!
Nach der ersten Darbietung setzen sich die Männer im Halbkreis. Der "Bandit" (Moderator) steht in der Mitte. Alle beginnen zu singen und zu trommeln. Wieder steigert sich die Geschwindigkeit von einem anfänglich fast entspannenden Tempo allmählich bis zu einer nahezu unvorstellbaren Geschwindigkeit. Unglaublich, wie flink, aber immer einheitlich die Musiker mit ihren Instrumenten umgehen können.
Diese Volkskunst mit beinahe mystischen Tönen ist beheimatet in den Vierteln von Taroudant. Traditionelle Handwerker, beispielsweise die Gerber haben gemeinsam gearbeitet, mit Holzstangen das Leder in den Trögen bearbeitet. Bis zu 50 Mann starten im gleichen Rythmus, dann setzen sich einige ab, die Stampfklänge splitten sich immer mehr auf (siehe Beispiel oben). So brachten die Handwerker Abwechslung in ihren harten Arbeitsalltag. Auch Gesänge und Gebete fanden hier ihren Platz.
Damit legten die Roudanis (Bewohner von Taroudant) den Grundstein für die Kunst der rodanischen Präzision.

Nachdem die 20 Musiker die Bühne verlassen haben, kommen fünf Frauen mit Handtrommeln. Sie singen dazu, in unseren Ohren klingt es schrill, aber den Marokkanern gefällt es. Da wir auch von den Texten nichts verstehen, gehen wir langsam nach Hause, mit dem festen Vorsatz, am nächsten Abend etwas ausgeruhter zu erscheinen, um länger durchzuhalten.

Allerdings macht - uns zum Verdruss, allen Marokkanern aber zur Freude - das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Es regnet die nächsten zwei Tage, wir wissen nicht einmal, ob die Veranstaltung trotzdem wie geplant weiterging. Denn wer ist hier schon bei so einem seltenen Ereignis kleidungsmäßig auf Regen eingestellt?
Barbara & Andreas
marokko-erfahren.de
marokko-erfahren ist eine unabhängige europaweite Privatinitiative zur Förderung von Beschäftigung und Kulturerhalt.
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RE: Marokko-Erfahren erneut auf Entdeckungsreise in Marokko - von marokko erfahren - 03.10.2022, 21:33

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